• 1812

     

    Kirchenmusik im Aufstand

    Auszug vom 23. Oktober 1812: 

    Etliche der Kirchen Musikanten haben vor einiger Zeit durch unanständiges und unerbietiges Betragen den Hass des Magistrats sich zugezogen, der sich dadurch äußerte, dass ihnen, gleich anderen Bürgern auf die Fron geboten, und sie durch angedrohte Strafe dazu befehligt würden. Sie, dadurch in ihren Rechten beeinträchtigt, gaben das Blasen auf Da nun diß dem öffentlichen Gesang wie der Feierlichkeit des Gottesdienstes Abbruch thut, so brachte Pfarrer den im Protokoll vom 17. Februar 1809 enthaltenen Beschluss in Erinnerung, nach welchen diese Männer die Personal-Freiheit von dem Magistrat zugesagt ist, und fügte das Ansinnen bei, dass man sie bei den alten Freiheiten schützen möchte. Dazu bezeugen sich die weltlichen Ortsvorsteher nicht abgeneigt, wünschen aber, und achten es für billig, dass die Kirchenbläser ihrem Beispiel folgen, und bedeutende Fronen zum Besten des Fleckens wie hier prästieren sollen, in der Überzeugung, dass Freiheit von der Jagd allerdings hinlängliche Entschädigung seien diese Männer dazu anzuwängen, übernimmt Pfarrer, wie ihnen zu bedeuten, dass sie forthin bei Verlust ihrer Rechten und Pflichten blasen, und in schuldiger Ehrfurcht gegen ihre Vorgesetzten wandeln sollen. 

    Zur damaligen Zeit mussten die Bürger einer Gemeinde unentgeltliche Leistungen (Fronen genannt) erbringen. Dies waren unter anderem das Nachtwachen, die Hilfe beim Wegebau, und für den Landesherrn bei der Jagd als Treiber mitzu-dienen. 

    Von diesen Fronen waren Personen, die ein bestimmtes Amt ausgeübt hatten, befreit. Dazu gehörten auch Organisten und sonstige Personen, die in der Kirche musikalisch tätig waren. Deshalb hatten sich die Posaunisten wegen des Entzugs dieser Freiheiten gewehrt. Zu den Streitigkeiten kam es durch einen früheren Herzoglichen Erlass, durch welchen verschiedenen bürgerlichen Amtspersonen, unter anderem auch den Mitgliedern des Magistrats, die Freiheit von Fronen und Wachdien-sten entzogen wurde. Deshalb verlangten diese auch für die Mitglieder der Kirchen-Musik Gleichbehandlung. 

    Der damalige Pfarrer Puchner bemühte sich im Jahr 1812 mit folgendem Brief an verschiedene übergeordnete Behörden, um Erhaltung der Kirchenmusik in Stetten: 

    Pfarrer M. Puchner bittet aller unterthänigst, den Bürgern seiner Gemeinde, welche die Kirchenmusik versehen, in den Personal und Jagd-Fron-Freiheit allergnädigst zu bestätigen. 

    Königliche Majestät 

    Seit langen Jahren besteht hier eine musikalische Gesell-schaft deren Mitglieder vier Bürger sind, welche das Klarinett und die Posaunen zum Kirchengesang blasen. Ich gab mir als ich hierher kam, alle Mühe diese Männer die was sie sonsten von sich selbst gelernt und die eigentlichen Regeln der Kunst, nicht einer hatte es, noch mehr zu bilden und besonders junge Leute nachzuziehen, brachten es auch dahin, dass ich eine ordentliche Kirchen Musik mit ihnen aufführen konnte. So lange diese Gesellschaft existiert, haben die Mitglieder derselben unwiderruflich die Personal und Jagd-Fron-Freiheit genossen,… 

    Diese haben nun, in ihren herkömmlichen Freiheiten, wie durch andere gehässige und rachsüchtigen Äußerungen gekränkt, das Blasen aufgegeben und wollen, so undankbar belohnt sich nicht aufdringen. 

    Mögen nun die durch Leidenschaft gereizte Glieder des Magistrats für Solenierung des öffentlichen Kultus, wie für Verbesserung und Verschönerung des öffentlichen Gesangs wenig oder keinen Sinn haben, so würde es doch mir, den Diener der Kirche zu verwegen sein, wenn ich aber so gleichgültig dagegen wäre, und ich tue da mich durch Beruf und Gewissen gedrungen, aller unterthänigst zu bitten, Euer Königliche Majestät möchten allergnädigst geruhen die Bürger des Orts, welche die Kirchen Musik führen, in den vollständigen Genuss der Personal und Jagd-Fron-Freiheit allergnädigst zu bestätigen…. 

    Ich ersterbe in allertiefsten Ehrfurcht 

    Euer königl. Majestät alleruntherthänigster Knecht Pfarrer M. Puchner 

    Auch der zuständige Dekan bemühte sich, ebenso wie Pfarrer Puchner, mit nachfolgendem Brief um die Erhaltung der Kirchenmusik in Stetten: 

    Euch 

    Königliche Majestät 

    Die Gemeinde zu Stetten zeichnet sich durch ihren harmoni-schen Kirchen Gesang vor vielen anderen Gemeinden aus, welche unstrittig der dorten bestehenden Instrumental Kir-chen Music zuzuschreiben ist. Schade wäre es, wenn dieses schöne Institut, das fast gar keine kosten erfordert, durch die Schikane etlicher übelgesinnter Magistrats Glieder vernichtet würde. Decan vereinigt daher seine aller unthänigste Bitte mit der Bitte des dortigen Pfarrers, dass Euer Königliche Majestät die nur aus vier Personen dorten bestehende Music Gesellschaft in Aller Höchst Dero allergnädigsten Schutz zu nehmen und derselben den schon seit vielen Jahren von dem dortigen Magistrat ihnen zuerkannten Genuß der Personal und Jagdfronen Freiheit allergnädigst bestätigen möchten. Dieser ist auch der Wunsch der dortigen Gemeinde und der meisten Magistrats Glieder. 

    Ich ersterbe in allertiefsten Ehrfurcht 

    Euer königlichen Majestät allerunterthänigst trei verptlicht 

    Gerhorsamst 

    Decan M. Becker 

    Der Hilferuf hat teilweise genützt. Die vier Posaunenbläser wurden von der Gemeindefron befreit, nicht jedoch von der Landesfron. Sie mussten also weiterhin als Treiber mit zur königlichen Jagd gehen.